„Wir haben gedacht, wir sperren auf, und alles ist wieder so, wie es war.“ Arete Schäffler

Wie ist es unseren Preisträgern in Zeiten des Lockdowns ergangen? Mit welchen Herausforderungen sahen sie sich konfrontiert, wie haben sie diese gemeistert und welche Erkenntnisse und Lehren ziehen sie daraus?

Mit diesen Fragen im Gepäck haben wir uns Ende Juni von der Deutschen Hotelakademie (DHA) auf den Weg nach München gemacht und mit einigen Mitarbeitern des Platzl Hotels aus dem Bereich Human Resources gesprochen:

Freuen sich über den Re-Start: Arete Schäffler (stellvertretende Personalleiterin), Sophia Frei (Quality & Trainingsmanager), Anja Eigen (#hierwillicharbeiten), Vasilios Maliaridis (Personalleiter).

Das Platzl Hotel war vom 18. März bis 29. Mai 2020 geschlossen. Wie sah die Zeit des Lockdowns bei euch aus?

Arete: Während des Lockdowns haben unsere Auszubildenden im Betrieb die Stellung gehalten – begleitet von unserer F&B Managerin und Kollegen aus der Technik sowie einem Mitarbeiter aus der Personalabteilung als Ansprechpartner, sowohl für die Auszubildenden als auch die anderen Mitarbeiter. Neben der Verschönerung des Hauses und der Unterstützung verschiedenster Abteilungen, haben unsere Auszubildenden auch ein tolles Projekt übernommen: Unsere „Wirtshausküche für dahoam“. Das bedeutet, dass die Auszubildenden  eigenständig für unser To-Go Geschäft zuständig waren. Dienstpläne schreiben, Ware bestellen, Termine mit unserem Hoteldirektor koordinieren und vieles mehr.

Sophia: Wobei diese Übernahme von Verantwortung für viele Azubis auch nicht ganz neu war, da wir jährlich einen Azubi-Elternabend veranstalten, den sie selbständig organisieren und durchführen. Aber in dieser besonderen Zeit haben sie gemerkt und verstanden, was Verantwortung wirklich bedeutet. Auch wie es ist, andere in die Pflicht zu nehmen, zum Beispiel, wenn es darum geht, die Dienstpläne zu schreiben und zu kontrollieren.

Vasilios: Unsere Auszubildenden haben in der Zeit Selbstbewusstsein und ein Verständnis für die betriebswirtschaftliche Perspektive entwickelt. Sie sind in jedem Fall an ihren Aufgaben und zum Teil auch über sich selbst hinaus gewachsen.

Sophia: Die Berufsschule konnte in der Zeit des Lockdowns auch nicht stattfinden. Um unseren Auszubildenden dennoch Wissen zu vermitteln, haben wir einmal pro Woche im Hotel einen sogenannten Lerntag veranstaltet – als Ersatz für die Berufsschule.

Was war die wichtigste Aufgabe für euch in der Zeit als HR-Abteilung?

 Vasilios: Wir hatten plötzlich mit Themen zu tun, mit denen wir zuvor nie konfrontiert waren, wie das Kurzarbeitergeld. Die Entscheidungen der Politik kamen extrem kurzfristig, wir mussten unsere Abrechnungs­systeme entsprechend schnell anpassen. Es ist immer noch eine Herausforderung, weil es immer wieder neue Entscheidungen gibt, auf die wir unmittelbar reagieren müssen.

Arete: Wir haben seit Corona extrem kleine Zeitfenster, müssen sehr flexibel sein. Die Abteilungen sind gefordert, sehr eng zusammenzuarbeiten, zum Beispiel im Hinblick auf die Abrechnungen. Die Strukturen, die wir aufgebaut haben, wurden komplett über den Haufen geworfen! Gleichzeitig gab es unter den Mitarbeitern auch Nöte. Manche Mitarbeiter waren Monate nicht da, einige hatten viel Redebedarf. Zusammengefasst waren unsere Hauptaufgaben, die Abrechnungen unter neuen Bedingungen zu managen und Ansprechpartner für alle Belange zu sein.

Vasilios: Alle Mitarbeiter haben zwei Monate lang einen Zuschuss aus der Unternehmenskasse erhalten. Kein Mitarbeiter wurde in der Lockdown-Zeit entlassen. Kurz vor dem Shutdown hatten wir übrigens alle Stellen besetzt.

Sophia: Das Recruiting der Auszubildenden lief auch weiter. Wir haben die Interviews per Skype durchgeführt. Wenn es weiterhin so gut läuft, sind wir bei zehn neuen Auszubildenden in diesem Jahr – oder auch mehr!

Wie fand Kommunikation in der Zeit des Shutdowns statt?

Arete: In Kontakt mit dem Team bleiben: das wurde bei uns zur Chefsache erklärt. Per Post haben wir alle „Nervennahrung“ und einen Motivationsbrief erhalten, über unser Tool hotelkit wurde laufend informiert.  In den Abteilungen haben es die Abteilungsleiter sehr unterschiedlich gehandhabt, wie sie mit dem Team in Kontakt bleiben, die meisten haben regelmäßige virtuelle Meetings initiiert.

Was hat die Krisenzeit im Betrieb positiv verändert?

Vasilios: Der Lockdown hat uns allen gezeigt, dass man anders denken und handeln kann. Wir haben gesehen, dass wir flexibler sein können, zum Beispiel auch, was die Arbeitszeiten betrifft.

Arete: Das Team, das als Krisenteam die ganze Zeit im Betrieb war, ist extrem zusammengewachsen.

Wird der Fachkräftemangel wieder kommen? Wie reagiert ihr darauf?

Sophia: Bestimmt. Wir haben die Arbeit an unserer Employer Branding-Kampagne nicht eingestellt, im Gegenteil. Wir sind bereit, wenn es wieder los geht. Auch unsere neue Karriere-Landingpage wird bald live gehen.

Vasilios: Wir haben weiter in unsere HR-Projekte investiert und stehen in der Tat bereit. Jetzt müssen nur die Gäste wieder kommen.

Arete: Wir haben normalerweise eine Auslastung von rund 90 Prozent, derzeit liegen wir erst bei 10 Prozent! Wir haben gedacht, wir sperren auf, und alles ist wieder so wie es war. Es dauert länger, bis wir zur Normalität zurückkehren.

Was sind die Argumente, in unserer Branche zu arbeiten? Ist das Thema „sicherer Job“ noch ein Argument?

Vasilios: Egal, wo du auf der Welt arbeiten möchtest, du bekommst immer einen Job – das war immer ein Pluspunkt unserer Branche. Wenn sich die Situation wieder normalisiert hat, hat er auch wieder Bestand. Aber die Zeit ist jetzt eine große Chance für uns, als Branche unser Profil zu schärfen und Farbe zu bekennen. Die Arbeitsbedingungen müssen weiter optimiert werden, damit unsere Branche attraktiv für junge Menschen ist.

Danke für das Gespräch!